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Nicht Intentionales Design (NID)

NID - Non intentional Design

Nicht Intentionales Design (NID) ist ein Begriff, der von Uta Brandes und Michael Erlhoff erfunden wurde. NID untersucht die Herstellung von Funktion und Bedeutung der Dinge im und durch den Gebrauch. Es bezeichnet all jene Handhabungen, Prozesse und Umgangsweisen, in deren Verlauf Menschen durch kleinere oder größere Eingriffe ihr Lebens- und Arbeitsumfeld verändern. Professionell und vorgeblich funktional gestaltete Produkte und Räume werden permanent von allen und alltäglich umgenutzt und umgestaltet,

Produkte und Orte, die unter Kriterien professionellen Designs und dessen Maßgabe für sinnvollen Gebrauch „zweckentfremdet“, „mißverstanden“, „mißbraucht“ werden, enthalten ein großes Potential an Innovation und vielfältigen neuen, anderen, multifunktionalen Nutzungsmöglichkeiten. Die Analyse des Gebrauchs gestalteter Produkte ist auch deshalb so relevant, weil es die Nutzung ist, die Art des Umgang mit den Dingen, in denen sich heute Unterschiede und kulturelle Vielfalt erweisen. Die Produkte selbst mögen zunehmend der Globalisierung anheimfallen, der Gebrauch dagegen schafft Differenz.

NID – Prinzipien

  1. Reversible Umnutzung: Ein Ding wird temporär oder dauerhaft in einem neuen Kontext genutzt, wobei aber der ursprüngliche Zustand und die ursprüngliche Funktion nicht zerstört werden (Senf-oder Marmeladen-Glas als Stiftbehälter, Kühlschranktür als Pinnwand).
  2. Irreversible Umnutzung: Entweder hinterlässt der neue Gebrauch bleibende Spuren (Flasche als Kerzenständer), oder das Objekt muss für die neue Anwendung dauerhaft verändert werden (Schraubglas mit durchlöchertem Deckel als Zuckerstreuer).
  3. Ortsveränderung: Dinge werden aus ihrem ursprünglichen Einsatzort herausgelöst (Ziegelsteine als Regalständer, Europaletten als Bett), oder umgekehrt wird ein Ort zu einem neuen Zweck umfunktioniert (Parties unter Brücken).
  4. Fast alle Umnutzungen implizieren Multifunktionalität.

NID – Motive

  1. Aus der Not eine Tugend machen: Notlösung, Provisorium, Improvisation (Untertasse als Aschenbecher).
  2. Für den speziellen Zweck wird nichts Passendes auf dem Markt angeboten (Bierdeckel unter Tischbein, um den Tisch zu stabilisieren).
  3. Kostengünstige Alternativen zu neu gekauften Produkten (Bettgestell aus Europaletten).
  4. Weiterverwendung von Wegwerf- oder eigentlich schon verbrauchten Produkten aus ökologischen oder Kostengründen (Gabel oder Kleiderbügel als Antenne) – oder einfach aus Spaß (leere Dose als Fußball).
  5. Reduktion von Aufwand oder Wegersparnis aus Bequemlichkeit (Füße auf Schreibtisch)
  6. Optimierung der Funktion (Stuhl als Garderobe und Leiter).

 

2006 Haben UB und ME deshalb im damaligen daab-Verlag das Buch “Non Intentional Design” publiziert, in dem sehr viele von diesen beiden über Jahre hinweg gesammelte Beispiele für solch erweiterte Form der Gestaltung veröffentlicht wurden.

2009 erschien im Birhäuser Verlag “Design by Use. The Everyday Metamorphosis of Things

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