Das gehört notwendig zur Dialektik der Aufklärung. Wobei diese Disziplinierung in einer ebenfalls von der Aufklärung behaupteten Wissenschaft gelegentlich bloß in pragmatischen Gründen wurzelt; sehr drastisch erläutert sich das in Kants „Streit der Fakultäten“. Hier sondert er ganz präzise etwa die Theologie, dann die Naturwissenschaften und andere von der Philosophie – jedoch lediglich, um „seiner“ Philosophie das Recht auf Autarkie, Unabhängigkeit und Freiheit zu sichern. Also dem preußischen Staat zu erklären, alle anderen Disziplinen in den Wissenschaften seien praktisch und müssten sich deshalb durchaus jeweils legitimieren, nicht aber die Philosophie – ein rhetorisch-politischer Trick also.
Doch Kant geht noch weiter, scheidet etwa die reine Vernunft von der praktischen und beide von der Urteilskraft. Und Hegel folgt dem noch detaillierter.
Verblüffend ist dies, da doch Disziplin eine zutiefst militärische Dimension beinhaltet: klare Regeln, eindeutige Sprache und Kategorien, entschiedene Verhaltensweisen und somit auch zweifelsfreie Resultate. Aber diese innere Spannung der Aufklärung, eben jene ihr inhärente Dialektik, bricht sich bis heute Bahn, da in den sogenannten Wissenschaften sehr gerne von Disziplinen die Rede ist und noch immer auch an den Hochschulen und innerhalb von Fakultäten (die doch wörtlich so freudig die Möglichkeiten formuliert) gepriesen wird. Erst sehr allmählich setzen sich die Vorstellungen von interdisziplinären oder multidisziplinären Reflexionen und Aktionen durch. Mit einer neuen Substanz von Aufklärung.